Kaiserschnitt Geburt

Annette erzählt von ihrer Geburt im Februar 2020:
Heute vor einer Woche, seit 00:23 Uhr bist du bei uns – Zeit für einen #Geburtsbericht während du leise atmend auf mir liegst.
An Karnevalssamstag den 22.02.20 ging es für uns ins Krankenhaus, da wir weit über dem berechneten ET waren und von alleine keine deutlichen Anzeichen für einen Geburtsbeginn eintrafen.
Der Samstag zog sich wie Kaugummi, wir beide als einzige im Karmevalskostüm im Wehenzimmer des Kreissaales hatten ganz schön viel Stunden vor uns in denen nichts passierte. Erst um 21 Uhr nach einer Untersuchung durch eine übermüdete Ärztin gab es ein paar homöopathische Mittel um dem Start der Geburt einen sanften Schubser zu geben. Ben wurde 3 mal von ihr vermessen mit dem Ergebnis: max. 4500g und einem Kopfumfang von 37-38cm. Soweit so gut, ich war bereit den kleinen Mann durch mein Becken in die Welt zu atmen.
Die Nacht ergab erstmals etwas kräftigere aber völlig unregelmäßige und bald wieder versiegende Wehen…also hieß es weiter warten, spazieren gehen, Kniffel spielen, CTG’s schreiben und einen nächsten Lockverusch starten mit einem Wehencocktail. Dieser brachte bis auf die körperliche Erleichterung allerdings rein gar nichts…also auch am Karnevalssonntag wollte der kleine Mann nicht raus. Derweil organisierten wir Hanna zu ihren Großeltern bzw. Papa und hatten schon eine leise Ahnung dass das hier etwas länger dauern würde.
An Rosenmontag dann auch die ärztliche Entscheidung: Wir leiten medikamentös ein! Ja bitte dachten wir uns nur, denn so langsam waren sämtliche körperliche als auch mentale Grenzen bei uns bzw. mir erreicht.
Um 10 Uhr wurde ein Postaglandinbändchen bei mir gelegt und wir besprachen nochmal alle möglichen Verläufe und Optionen. Wir waren vorbereitet, der Geburtsplan griffbereit aber auch die ganz klare Haltung: Wenn ich spüren sollte, dass etwas nicht stimmt wie zum Beispiel: starke Wehen und keine Muttermundsöffnung, dann gibt es keine Experimente mit einer PDA, dann wird es einen Kaiserschnitt geben. Das stand für mich bereits fest ohne zu wissen wie es laufen würde, da genau diese Situation und Verlauf die Geburt von Hanna von einer Komplikation in die nächste schlittern ließ und das wollte ich definitiv kein zweites Mal erleben!

Um 14 Uhr spürte ich die Wirkung des Bändchen und begann die ersten schönen Wehen zu veratmen. Es ging los und der kleine Mann machte laut CTG wunderbar mit. Ab 16 Uhr begann allerdings ein Wehensturm der mir zunehmend die Luft raubte und auch das TENS Gerät dass mich unglaublich gut bei meinen Rückenschmerzen unterstützt hatte, konnte nicht mehr helfen. Um 18 Uhr übermannten mich die Schmerzen so sehr, dass ich verzweifelt weinend und wimmernd im Kreissaal stand. Eine Wehe folgte der nächsten und ich hatte noch nicht mal eine halbe Minute um zu atmen und Kraft zu holen. Ich konnte nicht mehr, war aber auch noch nicht bereit den spontanen Geburtsweg aufzugeben. Ein schrecklich mieses Gefühl dass wir dank der Hebamme schnell auflösten als wir ihrem Vorschlag folgten in die Wanne zu gehen. Erleichterung und das schlagartig. 
In der Wanne entspannte sich mein verkrampfte Körper innerhalb von Minuten. Ich konnte es nicht fassen und war überglücklich eine weitere Chance zu erhalten mit den Wehen zu arbeiten. Sie kamen kräftig aber so dass ich die erlernten Mentalttechniken bzw. Atmung aus unserem Hypnobirthingkurs anwenden konnte. Zwischenzeitlich konnte ich sogar einen Shake und Wasser trinken, wieder sprechen, einen Spaß machen und ganz wichtig immer daran denken, dass unsere Geburtsfotografin rechtzeitig informiert wird. Denn ich wusste dass ich diese Bilder einfach brauchen werde.

Bis ca. 22 Uhr kam ich in der Wanne gut zurecht. Die letzte Untersuchung hatte seit Samstag keine Veränderung am Muttermund gezeigt also schauten wir nun erneut nach, da sich die Wehen in deutliche Geburtswehen entwickelt hatten. Der mit Abstand schlimmste Moment an diesem Tag folgte. Denn ein weiterer Wehensturm ereilte mich und es war mir nahezu unmöglich aus der Wanne auf die Liege zu gelangen um untersucht zu werden. Ich fühlte mich wahrlich wie ein Tier auf der Schlachtbank. Kurz zuvor hatten wir erfahren dass eine Geburt in der Wanne aufgrund meiner Vorgeschichte als auch der Größe von Ben ausgeschlossen werden musste. Als dann auch noch das ernüchternde Ergebnis der Untersuchung kam: Gebärmutterhals steht, Muttermund zu, war für mich klar: keine Experimente, wir machen jetzt einen Kaiserschnitt! Absolut klar und nun völlig im Reinen mit mir entschied ich mich genau für diesen Weg.
Die Hebamme holte die Oberärztin zur Beratung hinzu. Ich war derweil wieder in der Wanne als sich beide neben mir auf den Boden hockten um den nächsten Schritt zu planen. Mein sehr bestimmter Entschluss wurde sofort ernst genommen. Keine Diskussionen, keine Versuche mich umzustimmen, lediglich ein letztes CTG lief um dann alles bereit für den OP zu machen. Schnell kontaktieren wir Esther unsere Fotografin, denn bereits in 30min sollte es los gehen. Trotz anhaltender Wehen tat sich Erleichterung bei mir breit. Es war richtig, es war an der Zeit und alles fühlte sich gut an.
Im Kreissaal wurde ich vorbereitet und wenige Minuten bevor es in die Schleuse ging kam Esther an. Ich hatte um einen leichten Wehenhemmer gebeten und bekommen um die Legung des Katheder und der Spinalanästhesie besser unterstützen zu können.
23:57 Uhr schaue ich im OP Saal auf die Uhr und sagte zur Hebamme: Ein Rosenmontagsbaby wird es dann wohl nicht mehr und sie stimmt mir zu. Als die Anästhesie wirkt ist es kurz nach 0:00 Uhr. 

Mein Herzmann ist die komplette Zeit an meiner Seite, sitzt hinter mir als es los geht und wir bereits nach wenigen Minuten die ersten Laute von Ben hören. Schnell ist das Tuch dass uns die Sicht verdeckt unten und wir sehen unseren kleinen Brocken das allererste Mal. Pete darf die Nabelschnur durchtrennen und dann wird der kleine Mann direkt auf meine Brust in das zuvor angelegte Bondingtuch gelegt. Er ist da! Lautstark! Er beschwert sich, zittert, ist ganz außer sich, dass er nun doch Mamas Bauch verlassen musste. Pete ist völlig fasziniert wie riesig seine Füße sind, küsst mich, ist Wange an Wange an meiner Seite. Ben ist so groß, wir müssen lachen, wir sind erleichtert. Gott sei dank habe ich so entschieden.
Um 00:23 Uhr ist Ben mit stolzen 5550g, 60cm und einem Kopfumfang von 40cm auf der Welt und wir könnten glücklicher nicht sein. Alles gut, alles ist im Einklang. Alles lief anders, aber am Ende war nicht das Wie entscheidend sondern dass ich selbstbestimmt und klar unseren Geburtsweg gegagen bin. 
Zurück im Kreissaal wird ausgiebig gekuschelt und bestaunt. Absolut magische Stunden. Wir sind so dankbar, so glücklich und so verliebt. Die Worte von Pete an mich tun gut – da ist einfach nur noch Liebe in diesem Raum und Frieden. Heilung für mich und die alten Wunden. Was für eine Reise.
Hebammen und Ärzteteam sind ebenso erleichtert und danken mir für mein Bauchgefühl, für meinen Instinkt und klare Entscheidung. Eine spontane Geburt mit meiner Vorgeschichte und damaligen Verletzungen wäre völlig riskant geworden. 
Erst gegen halb 3 morgens wird Ben vermessen und untersucht. Bleiben dürfen wir bis in die frühen Morgenstunden, so dass ich ihn bereits mehrfach anlegen kann, wir ein bisschen schlummern und ankommen in unserer neuen Welt zu viert.

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